Herrnhuter Gottesacker

Der Herrnhuter Gottesacker wurde als Friedhof der Herrnhuter Brüdergemeine ab 1730 in der Gemeinde Herrnhut in der Oberlausitz angelegt. Er zeichnet sich im Unterschied zur barocken Friedhofskultur durch betonte Schlichtheit der Gestaltung aus (einheitliche Grabgrößen, schon 1747 genormte, liegende Leichensteine, Dominanz der Horizontalen etc.). Die Brüdergemeine setzte in dieser Gestaltung des Gottesackers ihre Vorstellungen von der Gleichheit vor dem Tod und der Ruhe vor der Auferstehung um.

 

Nachdem das erste Grab nur vorläufig eingezäunt war, legte man 1731 einen Erdwall mit Rasenbänken um den noch sehr kleinen Begräbnisplatz an. Die ersten Erweiterungen wurden schon 1738 und 1741 nötig. Die Lindenallee, die vom Ort auf den Gottesacker führt, legte man 1742 an. In den Jahren 1754 und 1755 pflanzte man um das Gelände eine Hecke. In den ersten Jahren lagen nicht auf allen Gräbern Steine, und es brauchte mehrere Anläufe, um für jedes Grab einen Stein zu besorgen. Schon 1740 beschloss eine Synode der Gemeinde: »Auf unsere Gräber sollen Steine geleget werden mit dem Namen, dem Tag des Heimgangs und einem Versel, da die Hauptidee von dem Bruder drinnen stehet.« Die Buchstaben der Steine waren in der ersten Zeit mit roter Farbe ausgefüllt; auf einigen Steinen sind die Reste dieser Farbe noch zu erkennen. Ursprünglich hatten die einzelnen Chöre eigene Reihen. Erst seit 1797 unterscheidet man innerhalb der Brüder- oder Schwesternseite nicht mehr nach der Chorzugehörigkeit.

 

So entwickelte sich der Gottesacker mit seinen typischen Merkmalen: die einförmigen, flachen Steine mit den schlichten Aufschriften, die Geschlechtertrennung, das Fehlen von Ehe- und Familiengräbern, die Bepflanzung mit Hecken und Linden und das Eingangstor mit zwei Sprüchen. Der Gottesacker wurde überall ein unverzichtbarer Teil einer Brüdergemeine. Der Gottesacker in Herrnhut ist für viele brüderische Gottesäcker in der ganzen Welt das Vorbild gewesen. Schon 1740 beschloss man, dass jede Ortsgemeinde einen eigenen Gottesacker haben und dieser bei späteren Neugründungen sogar Bedingung sein sollte. So wie der Mensch sich bei all seinem Handeln an Jesus zu orientieren habe, so sei auch sein Liegen im Grabe

eine liturgische Handlung, lehrte Zinzendorf. Auch Jesus habe schließlich im Grabe gelegen. Der Gottesacker zählte damit zu den liturgischen Räumen der Gemeinde. Er wurde zum Versammlungsort einer jeden traditionell angelegten Ortsgemeinde genauso wie auch der Saal und der Platz.

 

Heute kann man den Herrnhuter Gottesacker zu den wichtigsten Kulturdenkmälern der Region zählen, der umso bedeutsamer ist, da er kein historisches Relikt darstellt, sondern heute noch von der Herrnhuter Brüdergemeine genutzt wird. Dort befinden sich die Gräber aller derer – insgesamt über 6.200 - die in der Herrnhuter Brüdergemeine gelebt haben.

 

(Quelle: Wikipedia)